Angst als Wahlprogramm: Die FPÖ und ihre anti-islamischen Kampagnen

Wenn politische Parteien bewusst auf Angst setzen, um Stimmen zu gewinnen, steht nicht nur der gesellschaftliche Zusammenhalt auf dem Spiel – sondern auch die Menschenwürde. Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) hat in den letzten Jahren ihre Wahlstrategien wiederholt auf Kosten muslimischer Menschen aufgebaut. Ihre Plakate, Slogans und Reden bedienen antimuslimische Ressentiments, die längst nicht mehr als versteckte Botschaften daherkommen, sondern als offene Angriffe.

Slogans, die stigmatisieren

Von "Daham statt Islam" über "Der Islam gehört nicht zu Österreich" bis zu Plakatkampagnen mit Minarettverboten – die FPÖ nutzt immer wieder islamfeindliche Slogans, um ein klares "Wir gegen die" zu inszenieren. Besonders auffällig ist die wiederholte Darstellung des Islam als „Fremdkörper“, der die „westliche Wertegemeinschaft“ bedrohe. Dabei wird Muslim:innen kollektiv unterstellt, eine Gefahr für die nationale Identität oder die öffentliche Ordnung zu sein. Diese Rhetorik ist nicht nur hetzerisch, sondern auch brandgefährlich: Sie vergiftet das gesellschaftliche Klima und macht Muslime zu Sündenböcken.

In ihrem jüngsten Wahlkampf etwa griff die FPÖ die Schließung von Moscheen und das Verbot von Minaretten als „Notwendigkeit“ zur „Bewahrung der österreichischen Kultur“ auf. Dies ist eine klare Form der Ausgrenzung – sie setzt den Islam nicht nur als fremd, sondern als unvereinbar mit der österreichischen Identität. Hier wird die Zugehörigkeit von Muslim:innen nicht in Frage gestellt, sondern radikal ausgeschlossen. Die politische Rhetorik dieser Partei nutzt Ängste, die tief im gesellschaftlichen Unterbewusstsein verwurzelt sind.

Islamfeindlichkeit als politisches Kapital

Die FPÖ stellt sich gern als Verteidigerin „traditioneller Werte“ und „christlich-abendländischer Kultur“ dar – doch ein Blick in die Geschichte zeigt, wie konstruiert diese Vorstellungen sind. Vor dem Christentum war das Gebiet, das wir heute Österreich nennen, heidnisch geprägt – mit germanischen, keltischen und slawischen Glaubensformen. Die Christianisierung selbst war ein tiefgreifender Bruch mit früheren Traditionen. Niemand würde heute behaupten, das Christentum „passe nicht zur österreichischen Identität“, nur weil es damals ein neues Glaubenssystem war. Auch die Einführung des Christentums war kein sanfter Übergang – viele alte religiöse Bräuche wurden abgelöst, verdrängt oder zumindest umgedeutet.

Die Annahme, dass Österreich durch die Einführung des Christentums seine „wahre Identität“ gefunden hat, ist eine Reduktion der komplexen kulturellen und religiösen Entwicklung des Landes. Religionen verändern Gesellschaften – und Gesellschaften prägen Religionen. Was heute als „christlich“ gilt, ist auch durch Einflüsse anderer Religionen und Kulturen geprägt.

Muslime sind kein Fremdkörper – sie sind Teil der Geschichte

Der Islam ist keineswegs eine neuartige Erscheinung in Österreich. Bereits 1912 wurde der Islam – genauer gesagt die hanafitische Rechtsschule – im Habsburgerreich als staatlich anerkannte Religion aufgenommen. Der Hintergrund: Zehntausende bosnische Muslime dienten loyal in der k.u.k.-Armee, kämpften in österreichischen Uniformen, leisteten Eid auf den Kaiser – ohne dabei ihren Glauben abzulegen. Diese rechtliche Anerkennung war keine Geste der Toleranz, sondern Ausdruck der Realität eines multireligiösen Staates. Der Islam wurde somit nicht „importiert“, sondern historisch in das Staatswesen integriert.

Die bosnischen Muslime, die im österreichischen Kaiserreich unter der k.u.k.-Monarchie dienten, waren nicht nur ein „isoliertes Phänomen“, sondern Teil einer realen politischen und sozialen Struktur. Diese religiöse Anerkennung fand in einem viel größeren historischen Kontext statt – der osmanische Einfluss und die Zugehörigkeit Bosniens zum Osmanischen Reich prägten nicht nur die lokale Kultur, sondern hatten auch langfristige Auswirkungen auf das österreichische Staatswesen. Der Eid auf den Kaiser war eine Geste der Loyalität, die mit religiöser Identität und militärischer Pflicht kombiniert wurde, ohne dass die religiösen Grundsätze des Islam in Frage gestellt wurden.

Was dabei auf dem Spiel steht

Anti-islamische Kampagnen normalisieren rassistische Diskurse. Sie führen dazu, dass muslimische Menschen in ihrem Alltag immer öfter mit Vorurteilen, Ausgrenzung oder sogar Gewalt konfrontiert sind. Besonders betroffen sind Frauen, die durch religiöse Kleidung sichtbarer sind. In den letzten Jahren gab es immer wieder Berichte über Diskriminierung in Schulen, am Arbeitsplatz oder in der Öffentlichkeit. Studien belegen, dass muslimische Frauen häufiger mit negativen Vorurteilen und Ablehnung konfrontiert werden, insbesondere wenn sie sichtbare religiöse Symbole wie das Kopftuch tragen.

Die politische Hetze bleibt nicht folgenlos – sie schafft ein Klima, in dem Diskriminierung alltäglich wird. Gleichzeitig wird der gesellschaftliche Zusammenhalt weiter untergraben, indem bewusst „Feindbilder“ geschaffen werden. Dies wirkt sich negativ auf die Integration und das Wohlbefinden muslimischer Gemeinschaften aus und fördert ein Klima der Angst und Entfremdung.

Keine Religion verdient es, zum Feindbild gemacht zu werden

Kritik an Religion darf sein – sie ist Teil einer offenen Gesellschaft. Doch wenn eine Religion systematisch als politisches Feindbild aufgebaut wird, ist eine Grenze überschritten. Die FPÖ macht aus Vielfalt ein Problem, um sich selbst als Lösung anzubieten. Doch was Österreich wirklich braucht, ist keine identitätspolitische Panikmache – sondern das Anerkennen historischer Tatsachen und das Ernstnehmen der Realität eines pluralen Miteinanders.

Die Geschichte Österreichs ist eine Geschichte der religiösen und kulturellen Vielfalt. Sie ist von Menschen geprägt, die aus verschiedenen Glaubensrichtungen und Weltanschauungen stammen und dennoch in diesem Land zusammenleben. Ob im Mittelalter, als christliche Missionare die heidnischen Bräuche verdrängten, oder in der Gegenwart, wo Muslime seit mehr als hundert Jahren ein Teil der österreichischen Gesellschaft sind – Österreich hat stets von seiner kulturellen Vielfalt profitiert.

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Das Kopftuchverbot in Österreich – eine Frage der Gleichbehandlung